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Eröffnung: 13. April 1938 | Nächster Bahnhof Richtung Kremmen: Velten |
Schließung: 24. Mai 1998 | Nächster Bahnhof Richtung Schönholz: Hennigsdorf Nord |
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Sommer 2018 teilabgetragen | Telegraphische Abkürzung: Hch Hohenschöpping |
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Lage im Streckennetz: Kilometer 23,0 der Strecke Schönholz—Kremmen. | ||
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Zum Titelbild: Am 8. Juli 1980 passiert eine S-Bahn den Haltepunkt Hohenschöpping. Das Gleis ist von der Trasse Hennigsdorf—Velten auf die Trasse Velten—Hennigsdorf umgeschwenkt worden. |
Hohenschöpping (Velten-Süd) Ein Haltepunkt für Rüstungsarbeiter und Militär
Der Haltepunkt Hohenschöpping ist der letzte Haltepunkt der Kremmener Bahn, der bis 1945 eröffnet wurde. Mit dem Bau des Haltepunkts wurden nicht etwa die Bedürfnisse der Einwohner des 2,4 km Luftlinie entfernten ehemaligen Hafen der Stadt Velten Hohenschöpping Rechnung getragen, sondern den Kriegsinteressen des Dritten Reiches.1937 wollte die Veltener Maschinen AG (VEMAG) ihre Belegschaft – in der damaligen Sprachterminologie des Dritten Reiches „Gefolgschaft“ genannt - drastisch aufstocken, um die Rüstungsproduktion zu steigern. Der Firmenverbund VEMAG/Ikaria-Werke produzierte für die Heinkel-Flugzeugwerke die Oerlikon Flügelkanone in Lizenz, Lafetten für Bordkanonen sowie die voll verglaste Bugkabine mit Bewaffnung – die Ikaria-Kuppel – für den Heinkel He 111 Bomber.[1]
Die VEMAG hatte Ihren Sitz zwischen der heutigen Berliner Straße in Velten und dem Veltener Stichkanal. Der Bf Velten lag ziemlich ungünstig ca. 3 km vom Werk entfernt.Aus diesem Grund trafen sich am 21. Mai 1937 Vertreter der Deutschen Reichsbahn, des Reichsluftfahrtministeriums, des Flakzeugamts Velten sowie der VEMAG/Ikaria-Werke zu einer vertraulichen Besprechung. Ziel war die Errichtung eines neuen Haltepunkts zwischen den Bahnhöfen Hennigsdorf und Velten. Die Deutsche Reichsbahn veranschlagte für den Bau Kosten in Höhe von 110.000,00 RM. Die Finanzierung wurde wie folgt aufgeteilt:VEMAG: 45.000,00 RM, Ikaria: 12.000,00 RM, Flagzeugamt Velten: 40.000,00 RM, Gesamt: 97.000,00 RM. Die restlichen 12.000,00 RM stellte das Reichsluftfahrtministerium zur Verfügung.[2]
Am 10. Juni 1937 teilte die Deutsche Reichsbahn der VEMAG folgendes mit:
- Die Errichtung des Haltepunkts wird unter folgenden Bedingungen zugestimmt:
- Ein Anspruch auf dauernde Beibehaltung des Haltepunkts und auf das Halten bestimmter Züge nicht besteht.
- Die DR entscheidet über Schließung des Haltepunkts unter Berücksichtigung des Verkehrsbedürfnisses nach eigenem Ermessen.
- Bei einer Schließung werden die für die Errichtung aufgewendeten Kosten nicht erstattet.
- Der Zugangsweg müsse von den Interessenten auf eigene Kosten hergestellt und unterhalten werden, aber für jedermann benutzbar sein müsse.[3]
Im Bauwerksverzeichnis vom 15. Juli 1937 wurde der Haltepunkt wie folgt beschrieben:
„Errichtung eines Haltepunkts von km 22,920 bis km 23,080. Der Haltepunkt erhält einen Inselbahnsteig von 160m Länge. Er ist 10,20m breit und verschmälert sich am nordwestlichen Ende auf 7,50m. Der Zugang geschieht über eine 2,50m breite Holztreppe, welche das Gleis Tegel-Velten in Bahnsteigmitte überbrückt. Der Bahnsteig wird an den Rändern mit Mosaikpflaster befestigt, die mittlere Fläche erhält Schlackenbefestigung. Auf dem Bahnsteig werden ein Dienstraum, eine Wartehalle, ein Abort und auf der südwestlichen Hälfte eine Bahnsteigüberdachung errichtet…“[4]Gleichzeitig wurde die landespolizeiliche Überprüfung eingeleitet mit der Bitte, die Pläne „mit Rücksicht der besonderen Bedeutung der Anlage“ nicht zu veröffentlichen.[5] Man hatte also etwas zu verheimlichen. Neben der Rüstungsindustrie war der Haltepunkt auch für das entstehende Flakzeugamt Velten von Bedeutung.
Mit Schreiben vom 27. August 1937 genehmigte der Regierungspräsident Potsdam den Bau mit folgenden Bedingungen:
- Ausbau des Zufahrtsweg zum Fahrweg
- Errichtung eines Wendeplatz für Pferdefuhrwerke
- Errichtung einer Beleuchtungsanlage
- Übereignung des Weges an die Stadt Velten mit 5 jähriger Garantie[6]
Die VEMAG, die in ihren Korrespondenzen mit der DR den noch namenlosen Haltepunkt öfters „Velten-Süd“ nannte, beschwerte sich über die Bedingungen. Sie sah nicht ein, dass ein Fußweg die Qualität einer Fahrbahn haben musste. Auch wollte die VEMAG, die den Weg selbst finanzierte, der Stadt Velten den Weg nicht entgeltfrei überlassen. Der Regierungspräsident in Potsdam blieb bei seinen Bedingungen, trotz Beschwerden der VEMAG. Mit großer Wahrscheinlichkeit kam es hinter den Kulissen zu einer Einigung, denn mit Schreiben der Ikaria-Werke vom 28. Juni 1939 an die DR wurden plötzlich alle Bedingungen anerkannt. [7] Nachdem die Planung nochmals abgeändert wurde – die Treppe wurde am nördlichen Ende errichtet – konnte der Haltepunkt Hohenschöpping am 13. April 1938 in Betrieb gehen.
Das KZ-Außenlager am Bahnhof Hohenschöpping – Zwangsarbeit für die VEMAG
Es dürfte weniger bekannt sein, dass seit Mitte 1943 direkt am Haltepunkt Hohenschöpping ein Außenlager des KZ Ravensbrück, das Außenlager III, existierte. Die Rüstungsmaschinerie lief auf Hochtouren, die Rüstungsindustrie benötigte Arbeitskräfte. Man griff auf die Zwangsarbeit zurück. Das Außenlager lag genau zwischen dem Haltepunkt und der Berliner Straße, siehe Zeichnung. In diesem Lager waren vorrangig Frauen untergebracht. Sie wurden bei der VEMAG bei der Montage von Flugzeugteilen eingesetzt und arbeiteten meist an Drehbänken. Ab September 1944 übernahm das KZ Sachsenhausen dieses Lager, das Ende 1944 mit 722 Frauen die höchste Belegung verzeichnete. In der Nacht vom 19. Zum 20. April 1945 erfolgte die Auflösung des Lagers. Die Insassen, die zu Fuß Richung Lübecker Bucht marschieren mussten, wurden bei Parchim von sowjetischen Truppen befreit. [8] Kurz darauf wurde auch der S-Bahn Verkehr auf der Kremmener Bahn eingestellt.
Die Zeit von 1945 bis 1998
Durch die Sprengung der Havelbrücke bei Hennigsdorf konnte Hohenschöpping erst am 06. Juli 1946 wieder von der S-Bahn bedient werden. Ein Jahr zuvor stellten Dampfzüge dreimal am Tag die Bedienung Hohenschöppings. Die hölzerne Zugangsbrücke konnte abgerissen werden, da das Gleis Tegel-Velten als Reparationsleitung abgebaut wurde. Der Zugang zum Haltepunkt erfolgte bis zur Schließung 1998 wie bisher nördlich über das Planum.
Es liegt auf der Hand, dass dieser Haltepunkt nach dem Ende des „Tausendjährigen Reiches“ seine Bedeutung verlor. Seine Schließung wegen Energiemangels vom 01. Dezember 1946 bis 15. September 1950 ist das beste Zeugnis für seine Bedeutungslosigkeit. Die Deutsche Reichsbahn wollte mit dieser Maßnahme täglich 1000 kW an Strom sparen. [9] Mit dem Mauerbau am 13. August 1961 mussten die wenigen verbliebenen Fahrgäste einen großen Umweg fahren, wenn sie nach Berlin (Ost) fahren wollten. Ab Hennigsdorf Nord gelangte man über den Berliner Außenring (BAR) in die Stadt. Ende der 1970er Jahre wurde im Bahnhof Velten die Einfahrt in den Bahnhof umgeschwenkt. Dadurch wurde auch in Hohenschöpping die Seite des ehemaligen Gleis Velten - Tegel wieder befahren. Immerhin wurde der Haltepunkt weiterhin von der S-Bahn im Inselbetrieb Hennigsdorf-Velten versorgt. Am 20. September 1983 hatte auch dieses ein Ende. Der Inselbetrieb erwies sich als zu teuer und unwirtschaftlich. Die Strecke Hennigsdorf-Velten wurde mit Oberleitung elektrifiziert Ab dem 07. Oktober 1983 hielten moderne Doppelstockzüge in Hohenschöpping.
Nach der politischen Wende 1989 nahmen die Fahrgastzahlen auch auf der Kremmener Bahn ab. Der Haltepunkt Hohenschöpping - der quasi in der Walachei lag -, einst eine stark frequentierte Station, geriet immer mehr in die Bedeutungslosigkeit. Es dauerte immerhin bis zum 24. Mai 1998, bis der Haltepunkt endgültig geschlossen wurde. Heute ist der Haltepunkt „renaturiert“. Selbst wenn die S-Bahn wieder bis Velten fahren würde, ist der Haltepunkt Hohenschöpping nicht in der aktuellen Planung enthalten.
Es folgen weitere Fotos von 09. April 1993 und 30. Oktober 2010:
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