Das Stellwerk Tsb kurz vorgestellt: Telegraphische Abkürzung Tsb für Tegel Südbude
Streckenblock: Felderblock
Inbetriebnahme: 1. Oktober 1905
Blockform zweigleisige Strecke nach Reinickendorf bis ca 1947
Außerbetriebnahme: 22. August 1987
Ab 1947 Blockform C eingleisige Strecke
Bauform: mechanisch Hein, Lehmann & Co
Benachbarte Stellwerke: Bahnhof Tegel Tgl und Bk Ebs Eichbornstraße, ab 1984 Stellwerk Rwb
Befehls-/Wärterstellwerk: Wärterstellwerk
Stellwerk bediente S- und F-Bahn
Ehemaliger Standort von Tsb bei Google Maps
Inhalt dieser Seite:
Das südliche Wärterstellwerk des Bahnhof Tegel - Tsb
Die Bildergalerie zum Stellwerk Tsb
Michael Ley fotografierte das Titelbild 1983
Das südliche Wärterstellwerk des Bahnhof Tegel - Tsb
Das Stellwerk Tsb des Bahnhof Tegel ist eins von den drei Stellwerken, die beim Umbau des Bahnhof 1905 entstanden sind. Es stand an der Wittestraße in Höhe des Km 9,9 der Strecke Schönholz—Velten im Schatten der Gasometer des Gaswerks Tegel der Stadt Berlin. Die Sicherungstechnik stammt wie beim Befehlsstellwerk Tgl von der Reinickendorfer Eisenbahnsignal-Bauanstalt Hein, Lehmann & Co. Die Strecke Schönholz—Velten war bei der Inbetriebnahme des Stellwerks Tsb noch als Nebenbahn mit vereinfachter Betriebsdurchführung eingestuft. Das sollte sich schon fünf Jahre später ändern: Ab dem 1. Oktober 1910 erhielt die Strecke von Schönholz bis Velten den Status einer Hauptbahn. Der Betrieb einer Hauptbahn setzt zur Sicherung der Zugfahrten auf der freien Strecke Streckenblock voraus. Der Wärter Tsb war für die Einfahrten zum Bahnsteig Tegel in der Funktion eines Fahrdienstleiter tätig, weil zwischen Tsb und Tgl auf den durchgehenden Hauptgleisen Streckenblock vorhanden war. Nur die Einfahrt in den Güterbahnhof war von der Freigabe des Fahrdienstleiters Tgl abhängig. Diese Betriebsdurchführung war bei den damaligen Preußisch-Hessischen Staatsbahnen üblich. Erst 1929 wurden die Blockabhängigkeiten entsprechend angepasst.
Der Wärter Tsb bediente folgende Sicherungsanlagen (Stand 1936):
- Das Einfahrsignal A von Reinickendorf nach Gleis 1 Richtung Bahnsteig Tegel und nach Gleis 24 des Güterbahnhofs;
- das Ausfahrsignal B vom Bahnsteig Tegel Gleis 23 nach Reinickendorf;
- das Ausfahrsingal C von Gleis 25 des Güterbahnhofs nach Reinickendorf,
- sowie 8 Weichen und zwei Gleissperrsignale Hs 24 und Hs 50.
Am Grenzzeichen der Einfachen Kreuzungsweiche 1 begann die 1924 gegründete Anschlußbahn Bahn-Betriebsgesellschaft Borsigwalde (BBG). Durch die vom Stellwerk Tsb fernbediente Weiche 3 konnte innerhalb der Anschlußbahn rangiert werden, ohne die Fahrten auf den Hauptgleisen zu beeinträchtigen. Die BBG mußte für die Inanspruchnahme der Infrastruktur (Weichen 1 und 3) und des Personals des Stellwerks Tsb eine Pauschvergütung an die Deutsche Reichsbahn zahlen, die in Januar 1925 bei 2.671.,31 RM lag. Ferner hatte die BBG mit der DR vertraglich die Unterhaltung aller Weichen des Stellwerks Tsb vereinbart, die u.a. das Schmieren und Beleuchten der acht Weichen beinhaltete.[1]
Die Zeit von 1945 bis zum Abriß 1988
Das Stellwerk Tsb überstand den Zweiten Weltkrieg unbeschadet. Bislang wurde von den Historikern immer angenommen, dass das Gleis Velten—Schönholz von den Sowjets 1945 demontiert wurde. Eine neue Quelle nennt die zweigleisige Aufnahme des S-Bahn Betriebs vom Stettiner Bahnhof nach Tegel am 22. November 1945.[2] Das Gleis Tegel—Schönholz wurde bis 1947 von der Französischen Besatzungsmacht demontiert. Die Streckenblockanlagen mußten an die neue eingleisige Betriebsführung angepasst werden.
Bis in die 1980er Jahre änderte sich im Stellwerksbezirk Tsb nicht Gravierendes. Der Wärter hatte neben dem Güterverkehr alle zwanzig Minuten die S-Bahn zu fahren und gelegentlich die Firma Waggon Union zu bedienen. Das betriebliche Ende des Stellwerks Tsb wurde durch die Autobahnplanung eingeleitet. Als Kompensation für den Eingriff in die Bahnanlagen erhielt die Deutsche Reichsbahn vom West-Berliner Senat ein Spurplanstellwerk für den Bahnhof Tegel. Mit der Inbetriebnahme des Spurplanstellwerks am 22. August 1987 erfolgte die Außerbetriebnahme des Stellwerks Tsb. Die Deutsche Reichsbahn hatte mit dem Senat den Abriss des Stellwerks Tsb zulasten des Senats vereinbart.
Beim Abriss des Stellwerks ereignete sich ein tragischer Unfall: Am 27. Januar 1988 starb der 30. jährige Bauarbeiter Rolf K. aus Schöneberg. Laut Zeitung stürzte plötzlich die ganze Wand ein und verschüttete Rolf K. vollständig. Interessant ist die Berichterstattung der Berliner Morgenpost: Es wird von einem „alten Geräteschuppen auf Reichsbahngelände" gesprochen.[3] Eine andere Überraschung erlebten die Bauarbeiter beim Abriss des Schuppen linker Hand von Tsb: Im Dachgebälk lag eine scharfe Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg. Einige Stellwerksmeister von Tsb wurde bei dem Fund noch nachträglich ganz mulmig zumute: Sie haben sich auf dem Schuppendach gesonnt...
Die Bildergalerie zum Stellwerk Tsb
In der Bildergalerie sind 11 Aufnahmen vorhanden. Es fotografierten Michael und Thomas Ley und Lars Molzberger.
Quellen und weitere Links
[1] Diese Informationen erhielt ich mit freundlicher Genehmigung aus dem Archiv von Herrn Michael Bayer, dem Webmaster von www.gleistod.de
[2] Bericht der Deutschen Reichsbahn an die sowjetische Militäradministration vom 28.11.1945, Bundesarchiv Berlin DM 1 Nr. 28
[3] Berliner Morgenpost vom 28. Januar 1988, Seite 5: Aus dem Polizeibericht: Einstürzender Altbau erschlug Arbeiter
Mehr zu Stellwerken in und um Berlin auf www.berliner-stellwerke.de
Mehr zu Anschlußbahnen in Reinickendorf: www.gleistod.de
Veröffentlicht: 31. Dezember 2013