Erbaut 1925/26, Inbetriebnahme 1927

      

Architekt Richard Brademann  

Versorgungsbereich: von Schulzendorf bis Velten

 

Außerbetriebnahme für den Gleichstromverkehr: 20. September 1983

 
Heutige Nutzung durch Bombardier  

                                                

 Das Gleichrichterwerk Hennigsdorf

 

Das Gleichrichterwerk Hennigsdorf wurde 1924/26  von Richard Brademann an der Fontane- Ecke Krumme Straße in Hennigsdorf errichtet. Es gehört wie das Gleichrichterwerk Tegel zu den Prototypen einer neuen Generation von Stromversorgungsbauten. Der erste Das Gleichrichterwerk Hennigsdorf ca. 1928gestalterische Unterschied zum Tegeler Gleichrichterwerk ist die Form der Lüftungsschächte. In Hennigsdorf sind sie als rechteckige, pfeilerartige Säulen gestaltet. In Tegel dagegen sind sie dreieckig ausgeführt. Der zweite - besonders auffällige Unterschied - stellen die Treppenhäuser dar. In Tegel sind sie rechteckig ausgeführt. In Hennigsdorf treten die Treppenhäuser weit aus der Gebäudeecke hervor. Ihre turmartige Gestaltung mit tief eingeschnittenen Fensteröffnungen erweckt den Eindruck eines Wehrbaus. Die elektrotechnische Einrichtung stammte - wie konnte es in Hennigsdorf anders sein - von der AEG. In Tegel kam BBC-Technik zum Einsatz.

In einem Prospekt der AEG von August 1929 werden die technischen Parameter der Gleichrichter aufgeführt:

 

 

 

Anzahl der Gleichrichter: 3                                          Überlastungsfähigkeit 20 Sekunden lang alle 5 Minuten: 3000 Ampere

Leistung der Gleichrichter: 800 kW                             Drehstromspannung bei 50 Hertz: 30000 Volt

Gleichspannung bei Vollast: 800 V                              Anzahl der abgehender Bahnspeiser einschließlich Ersatz: 5

Dauerstromstärke je Gleichricher: 1000 Ampere

Das dicht beim Bahnhof  Hennigsdorf  liegende  Unterwerk dient zum Speisen des letzten Teiles der nach Velten führenden  Vorortstrecke.  Der Drehstrom  wird durch zwei 30-kV-Kabel, System  Pfannkuch, über Ölschalter  usw. einem Doppelsammelschienensystem  zugeführt, an das in gleicher  Weise die Haupttransformatoren angeschlossen  sind. Außerdem  liegen an jedem System ein Überspannungsschutz  System Bd. ein Stationstransformator  von 30  kVA für  die Hilfsbetriebe und eine Erdschlußdrossel  für Meß- und Prüfzwecke. An die Haupttransformatoren  in Stern-Gabelschaltung  sind über Drosseln  die Anoden der Gleichrichter  und über Rückstromschnellschalter  usw. die Minusschiene angeschlossen; die Kathode des Gleichrichters  ist mit der Plusschiene  verbunden.  Die ursprünglich  vorgenommene regelmäßige Umpolung  der Strecke hat sich als unnötig erwiesen. so dass man jetzt dauernd  mit geerdetem  Pluspol  fährt. Infolgedessen  ist eine Berührung des Gleichrichtergefäßes  vollkommen gefahrlos. Die Bahnspeiseleitungen  liegen dementsprechend  am Minuspol und besitzen Überstromschnellschalter  sowie eine selbsttätige Kurzschlußprüf  -  und Wiedereinschalteinrichtung. Auch sonst kann die Anlage  völlig selbsttätig arbeiten, d. h. zur bestimmten  Zeit schaltet sich der erste Gleichricltter ein oder aus und der zweite  und dritte nach Bedarf zu und ab. Die Gesamtanordnung  ist so getroffen, das sich in der Mitte des Erdgeschosses die Sammelschienen  und Trennschalter, auf der einen Seite die Apparate  für die ankomnrenden  Kabel, die Stationstransfortmatoren,  Drosseln und Bd.-Apparate  und auf der anderen  die Haupttransformatoren  mit ihren Ölschaltenr usw. befinden.  Unmittelbar  über diesen stehen  im ersten Stockwerk die Gleichrichter, in der Mitte die Betätigungsschtalttafeln  und hinter diesen die 800-V-Zellen. Die Anlage ist seit Anfang 1927 im dauernden Betrieb.

 

 

AEG-Gleichrichter im Gleichrichterwerk Hennigsdorf 1929. Foto: BSW-Gruppe Bahnstromanlagen S-BahnArbeitsplatz des Bahnstromers im Gleichrichterwerk Hennigsdorf 1927. Foto: BSW-Gruppe Bahnstromanlagen S-Bahn
Schalttafel Gleichrichterwerk Hennigsdorf 1927 Foto: BSW-Gruppe Bahnstromanlagen S-BahnSchalttafel ca 1927. Foto: BSW-Gruppe Bahnstromanlagen S-Bahn

 

Die Zeit vom 13. August 1961 bis zum 23. September 1983

 

Nach dem 13. August 1961 versorgte das Gleichrichterwerk Hennigsdorf den Inselbetrieb Hennigsdorf - Velten. Der ehemals versorgte Abschnitt bis nach Heiligensee wurde dem Gleichrichterwerk Tegel zugeordnet. Das Gleichrichterwerk war bis zur Betriebseinstellung ortsbedient, u.a. deshalb, weil die elektrische Ausrüstung des Gleichrichterwerks einen größeren Aufwand erforderte und der Inselbetrieb als zeitlich begrenzt erkennbar war. Außerdem wurde der Nordbereich der S-Bahn Strecke nach Oranienburg (Nordbahn) über die 30 kV-Schaltanlage vom Gleichrichterwerk Hennigsdorf weiterhin versorgt. Die Strecke Hennigsdorf Velten wurde 1983 mit 15 kV Oberleitung elektrifiziert. Der Inselbetrieb mit der Gleichstrom S-Bahn war nicht mehr wirtschaftlich vertretbar. Nach Einstellung des S-Bahn Betriebs konnte das damalige Kombinat LEW (Lokomotivbau Elektrotechnische Werke) Hennigsdorf keine Erprobungsfahrten mit der neuentwickelten Baureihce 270 mehr durchführen. Aus diesem Grund wurde das bis heute existierende Testgleis von Hennigsdorf nach Velten errichtet. Die Stromschiene wurde vom Bahnstromstromwerk im Auftrag der LEW hergestellt. Für den Wechselstrombetrieb im Bahnhof Hennigsdorf wurde eine galvanische Trennung eingerichtet.

Das Gleichrichterwerk wurde mittels Überleitvertrag an das  LEW abgetreten. Das LEW wurde Eigentümer des Werkes mit der Bedingung, dass die Deutsche Reichsbahn weiterhin die Stromversorgung der Nordbahn garantiert bekam. Auch hat das LEW von der DR Personal für die Bedienung des Gleichrichterwerks mit übernommen. Heute gehört das Gleichrichterwerk zum Nachfolgeunternehmen Bombardier.

 

 

 

 

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 Quellen und weitere Links

Weiterführende Informationen zur Bahnstromversorgung: http://www.s-bahnstromgeschichten.de/haupt1.htm
Susanne Dost, Richard Brademann (1884 bis 1965) Architekt der Berliner S-Bahn, Verlag Bernd Neddermeyer 2002
Funktionsweise eines Quecksilberdampfgleichrichters: http://www.quecksilberdampfgleichrichter.de/

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