Eröffnung: 1. Oktober 1893

Nächster Bahnhof Richtung Kremmen: Heiligensee

Schließung und Wiedereröffnung

9. Januar 1984 bis 14. Dezember 1998 für den S-Bahnverkehr

Nächster Bahnhof Richtung Schönholz: Tegel
Bahnhof steht unter Denkmalschutz: Ja, Nr 09012308, Architekt Gareis Telegraphische Abkürzung Szf für Schulzendorf
Lage im Streckennetz: Kilometer 15,3 der Vzg-Strecke 6183 Schönholz—Kremmen.
 

 

Standort des Bahnhofs Tegel bei Openstreetmap

Hinweis: Bitte mit dem Mauszeiger auf die Koordinaten unter Internal zeigen, damit der Positionsmarker angezeigt wird.

Unteres Foto: Empfangsgebäude Schulzendorf 1969. Geoportal Berlin, Lizenz dl-de/by-2-0 https://www.govdata.de/dl-de/by-2-0

Zum Titelbild: Das Empfangsgebäude des Bahnhofs Schulzendorf von der Gleisseite aus gesehen. 1900. Sammlung Lars Molzberger

 

 

Die Zeit der Preußischen Staatsbahn 1893 bis 1920

 

Als die Kremmener Bahn projektiert wurde, war an dieser Stelle kein Haltepunkt oder Bahnhof vorgesehen. In einem ersten Bericht des Betriebsamts Stralsund vom 14. Dezember 1886 an die KED Berlin war zwischen Tegel und Heiligensee keine Rede von einem Haltepunkt an dieser Stelle. Ganz im Gegenteil: Das in dem Bericht „Örtchen“ genannte Schulzendorf mit ganzen 38 Einwohnern wurde verkehrlich Tegel zugeschlagen.

Im Juli 1890 richtete die Gemeinde Heiligensee eine Petition an den Minister für öffentliche Arbeiten Maybach, mit der Bitte, die Station für Heiligensee am Schulzendorfer Weg (heute Schulzendorfer Straße) einzurichten. Der vorgesehene Standort an der Chemischen Fabrik seit unzumutbar, näheres siehe hier.  Die Petition hatte Erfolg: Der Bf Heiligensee war bis zum 01. Mai 1897 nur für den Güterverkehr freigegeben. Für den Personenverkehr wurde am damaligen Schulzendorfer Weg die Station Schulzendorf-Heiligensee am 01. Oktober 1893 für den Personenverkehr eröffnet. Betriebstechnisch war die Station ein Haltepunkt. Eine weitere Petition, die geplante Station näher an das Dorf heranzuführen, lehnte die KED aus Kostengründen ab.

Das Empfangsgebäude wurde von dem Architekten Gareis 1892/1893 erbaut. Es steht unter der Nr. 09012310 der Denkmalliste Berlin Stand 07. Juni 2010 unter Denkmalschutz.[1] Am 01. Mai 1897 wurde die Güterverladestelle Heiligensee für den Personenverkehr freigegeben. Der Haltepunkt Schulzendorf-Heiligensee erhielt den neuen Namen Schulzendorf. Die beiden Stationen waren leider für die Reisenden ungünstig erreichbar. Die Einwohnerschaft Heiligensees konzentrierte sich Ende des 19. Jahrhunderts immer noch auf die alte Dorfaue. Die beiden Stationen waren rund 2,3 km Luftlinie von der Dorfaue Heiligensee entfernt. Der Unternehmer Kleinert richtete nach der Eröffnung des Bf Schulzendorf eine Pferdeomnibusverbindung von der Dorfaue zum Bf Schulzendorf ein. Leider bot die Kutsche nur vier Personen Platz[1a]. Der Betrieb wurde bis 1913 aufrechterhalten. Danach wurde er mit der Eröffnung der gemeindeeigenen Straßenbahn Heiligensee nach Tegel eingestellt. Der Pferdeomnibus war zu klein und zu langsam. Der Bau der Straßenbahn war die Folge der ungünstigen Lage der beiden Bahnhöfe Heiligensee und Schulzendorf.

Errichtung des Hauptbahnbetriebs – Schulzendorf wird Bahnhof

Während des zweigleisigen Ausbaus der Strecke Schönholz-Tegel waren schon die Planungen für den Ausbau der Kremmener Bahn zur Hauptbahn und Ausdehnung des Vorortverkehrs bis nach Velten im Gange.  Für den Haltepunkt Schulzendorf ergaben sich folgende betriebliche Änderungen: „2. Auf dem Haltepunkt Schulzendorf, wo im Vorortverkehr Personenzüge unter sich und mit durchfahrenden Güterzügen kreuzen sollen, ist gemäß Anlage B die Herstellung eines zweiten Gleises und eines Zwischenbahnsteigs geplant. Das neue Gleis II soll durch die Wegübergänge km 14,876 und 15,435 ähnlich wie das vorhandene Gleis I hindurchgeführt werden.“[2] Der Bahnsteig erhielt eine hölzerne Überdachung, ähnlich wie die spätere Überdachung des 1925 gebauten S-Bahnhofs Schulzendorf. Ab dem Frühsommer 1910 begann der Ausbau der Strecke Schönholz-Velten in eine Hauptbahn. Der Streckenabschnitt Tegel-Velten blieb eingleisig. Aus diesem Grund wurde der ehemalige Haltepunkt Schulzendorf wie oben beschrieben zu einem Bahnhof ausgebaut, damit Zugkreuzungen stattfinden konnten. Am 01. Oktober 1910 wurde der Hauptbahnbetrieb auf dem Abschnitt Schönholz-Velten aufgenommen.

 

Der Bahnhof Schulzendorf im Jahre 1919. Eine der ältesten Ansichten vor der Hochlegung. Foto: Archiv www.postmaxe.deDer Bahnhof Schulzendorf im Jahre 1919. Eine der ältesten Ansichten vor der Hochlegung. Foto: Archiv www.postmaxe.de

 

 

 Die weitere Entwicklung unter der Deutschen Reichsbahn 1920 bis 1945 

 

1921 beschloss das Reichsverkehrsministerium, den Streckenabschnitt zwischen Tegel und Velten zweigleisig auszubauen und hochzulegen. Für den künftigen Bahnhof Schulzendorf plante die Deutsche Reichsbahn einen Tunnel mit östlichem Ausgang Richtung Empfangsgebäude, so, wie es noch heute der Fall ist. Verschiedene Interessensgruppen, wie ein Herr F. Kitzerow vom Grund- und Hausbesitzer-Verein, sowie das Bezirksamt Reinickendorf forderten einen westlichen Zugang zum Bahnhof. Die Deutsche Reichsbahn war bei Übernahme der entstehenden Mehrkosten bereit, diesen Zugang zu bauen. Dazu waren die Interessensgruppen nicht bereit, sodass letztendlich nur der östliche Zugang gebaut wurde. Es dauerte noch mehr als 70 Jahre, bis der Bahnhof Schulzendorf einen weiteren Zugang bekam, der die Erreichbarkeit von der westlichen Seite ermöglicht.[3] Der Architekt Hugo Röttcher entwarf den neuen Bahnhof Schulzendorf. An das Empfangsgebäude wurde von vorn rechts gesehen ein Anbau angefügt. Es nahm die Bahnhofsgaststätte auf. Der neue Bahnhof Schulzendorf (betriebstechnisch ein Haltepunkt) nahm  am 03. November 1925 den Betrieb auf. Er erhielt wegen der starken Belegung der Strecke eine Blockstelle mit Dienstraum auf dem Bahnsteig. Ab dem 16. März 1927 konnte man den Bf Schulzendorf mit dem elektrischen Vorortverkehr erreichen, der drei Jahre später unter der Bezeichnung Stadtschnellbahn Berlin oder S-Bahn Berlin seinen noch heute währenden Namen erhielt.

 

Empfangsgebäude Schulzendorf von der ehemaligen Gleisseite aus gesehen ca 1925. Rechts die alte Trasse der Kremmener Bahn vor der Hochlegung. Heute heißt dieser Fußweg passend An der Kremmener BahnEmpfangsgebäude Schulzendorf von der ehemaligen Gleisseite aus gesehen ca 1925. Rechts die alte Trasse der Kremmener Bahn vor der Hochlegung. Heute heißt dieser Fußweg passend An der Kremmener Bahn. Slg Lars Molzberger

 

 

 Gleisplan des Haltepunkts Schulzendorf von Oktober 1938 mit dem Dienstraum der Blockstelle und links daneben der Warteraum. Zeichnung: LAB A Rep 080 (Karten) Nr. 2189Gleisplan des Haltepunkts Schulzendorf von Oktober 1938 mit dem Dienstraum der Blockstelle und links daneben der Warteraum. Zeichnung: LAB A Rep 080 (Karten) Nr. 2189

 

 

Die Kremmener Bahn litt relativ wenig unter den Folgen der Bombenangriffe auf Berlin während des zweiten Weltkriegs. Die nachfolgende Aufnahme zeigt aber, dass trotzdem Bomben auf Schulzendorf abgeworfen wurden. Das Bild zeigt eine beim Bf Schulzendorf niedergegangene Bombe, die glücklicherweise nicht detonierte.

 

Ein Blindgänger ist auf dem Bahndamm nahe Schulzendorf niedergegangen. Ca 1943. Foto: Heimatmuseum ReinickendorfEin Blindgänger ist auf dem Bahndamm nahe Schulzendorf niedergegangen. Ca 1943. Foto: Heimatmuseum Reinickendorf

 

 

 

 Spaltung und Schließung 1945 bis 1984

1945 demontierte die sowjetische Besatzungsmacht das Gleis Velten—Tegel. Die Signalanlagen der Blockstelle Schulzendorf mussten entsprechend angepasst werden. Durch den Verlust des zweiten Gleises war die Blockstelle für die Zugfolge wichtiger denn je. Am 13. August 1961 riegelte die DDR die Grenze zu Berlin (West) ab. Als Folge endeten die S-Bahnzüge in Heiligensee. Durch den neuen Endbahnhof konnte die Deutsche Reichsbahn eine Angebotsverbesserung auf einen 20 Minuten Takt einrichten. Nur, was nutze dies? Infolge des politisch bedingten Boykotts der Berliner S-Bahn in Westberlin waren die S-Bahn Züge hinter Tegel nur noch spärlich besetzt. Zuweilen fuhr nur „heiße Luft“ durch die Gegend. Dieser Zustand hielt im Wesentlichen bis zur Betriebseinstellung des S-Bahnverkehrs durch die BVG am 09. Januar 1984 an. Bekanntlich hat die BVG die Betriebsrechte an der maroden S-Bahn zu diesem Datum von der Deutschen Reichsbahn übernommen. Die BVG wollte keinen Parallelverkehr mit ihrem Oberflächenverkehr. Die damalige Buslinie 14 musste für die Fahrgäste, die im Einzugsgebiet des Bf Schulzendorf wohnten, vollkommen ausreichen. Die Folge der Betriebsseinstellung waren Verfall der Anlagen und zunehmender Vandalismus. Als einzige Massnahme zum Erhalt der historischen Substanz sanierte die VdeR (Verwaltung des ehemaligen Reichsbahnvermögens) ca. 1980/1981 das Empfangsgebäude des Bahnhofs Schulzendorf. Leider wurde die Sanierung nicht denkmalgerecht durchgeführt. Die für die Empfangsgebäude so charaktaistische aufgemalte Bahnhofsbezeichnung fehlte. Vermutlich sollte auch nichts auf einen Bahnhof der boykottierten S-Bahn hinweisen.

 

 

 

So ändern sich die Zeiten: 1982 ist die Bahnhofsgaststätte noch voll in Betrieb, das Trafogebäude noch nicht ausgehölt. Am 25. Februar 2014 gibt's statt Bier gesundes Essen aus dem Biomarkt und das Trafogebäude sieht eher wie ein Carport aus.

 

 

 Zwischen Verfall und Wiederaufbau: Die Zeit von 1984 bis 1998

Nach der Außerbetriebnahme der Strecke am 09. Januar 1984 fielen die Anlagen in den Dornröschenschlaf. Als Folge davon breiteten sich die Vandalismusschäden aus. Hatte man vor der Übernahme der Betriebsrechte der S-Bahn an die BVG die maroden Zustände der Bahnanlagen kritisiert und die Mißstände der Deutschen Reichsbahn angelastet, änderten die neuen Verhältnisse überhaupt nichts. Anscheinend hat niemand damit gerechnet, dass die Strecke jemals wieder in Betrieb gehen würde. Nach der Wiedervereinigung 1990 sahen die Prioritäten nun anders aus. Die Umlandverbindungen Berlins wurden nach und nach wieder reaktiviert. Es dauerte noch 5 Jahre nach der Wiedervereinigung, bis mit den Bauarbeiten für die Wiederinbetriebnahme des Streckenabschnitts Tegel-Hennigsdorf begonnen wurde. Am 14. August 1995 hat die Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche Einheit mbH mit den Bauarbeiten am S Bf Schulzendorf begonnen. Es wurde symbolisch ein Stück Gleis herausgetrennt. Der Wiederaufbau kam einen Neubau gleich. Die Baububstanz war so marode, dass man das Dach und die Dachkonstruktion komplett demontieren musste. Was noch verwendbar war (z.B. Schmetterlingsbinder) wurde instandgesetzt und wiederverwendet. Bei der Dachschalung, Dachdeckung und Regenentwässerung handelt es sich um komplette Neubauten.[4]

Am Nordausgang war ein Personenaufzug vorgesehen. Während der laufenden Arbeiten bestellte die zuständige Senatsverwaltung diesen Aufzug ab. Statt dessen sollte ein Südzugang mit Aufzug errichtet werden, der über die Straße Am Bärensprung u.a. den direkten Zugang zum Diakoniezentrum ermöglichte. Um eine erneute Unterbrechung des Betriebes nach der Eröffnung zu vermeiden, wurde die Überführung über den zukünftigen Fußgängertunnel noch vor der Aufnahme der Probefahrten hergestellt. Spätere Bauarbeiten konnten somit ohne Unterbrechung des Bahnverkehrs durchgeführt  werden.

 

Von der Wiedereröffnung am 15. Dezember 1998 bis Heute

Am 15. Dezember 1998 wurde der Teilabschnitt Tegel - Hennigsdorf feierlich eröffnet. Damit endete der 14 Jahre währende Dornröschenschlaf. Die wiederaufgebauten Gebäude, die früher den Dienstraum und einen Warteraum für Reisende beinhalteten, enthalten nun Starkstrom- und Fernmeldeanlagen des Haltepunkts. Die Zugabfertigung erfolgte bis 30. November 2006 durch eine Fernbeobachtungsanlage durch die Aufsicht Heiligensee. Nachdem die Aufsichten wegrationalisiert worden sind, fertigt der Triebfahrzeugführer den Zug sebst ab (ZAT). Die größten Veränderungen wurden beim historischen Empfangsgebäude vorgenommen: Der Anbau von 1925, der die Bahnhofsgaststätte beherbergte, wurde abgerissen und durch einen Anbau für einen Supermarkt ersetzt. Der von der Ruppiner Chaussee aus gesehen linke Anbau, der Stromversorgungsanlagen enthielt, wurde praktisch entkernt und zu einer überdachten Anlieferungszone umgebaut.  Der erste Discounter in dem Gebäude war Eurospar, der später durch Edeka abgelöst wurde. Seit September 2010 steht der Supermarktanbau leer, Edeka ist in einen Neubau weiter nördlich umgezogen. Am 01. Oktober 2000 wurde die Genehmigung zum Bau des Südzugangs mit Aufzug erteilt.[5] Im April 2001 begannen die Bauarbeiten.[6] Am 28.September 2001 wurde er teilweise eröffnet. Der Zugang zum Bisonweg war fertiggestellt während der Zugang Richtung Ruppiner Chaussee noch im Bau war.[7] Am 09. November 2001 war auch dieser Zugang mit Personenaufzug fertiggestellt. Die Kosten für den Südzugang betrugen 3,1 Mio DM. [8] Seit dem 06. April 2002[9] heißt der Fußweg vom Erich-Anger-Weg bis zur Schulzendorfer Straße „An der Kremmener Bahn“. Dieser Fußweg ist die alte Trasse der Kremmener Bahn, die bis 1925 befahren wurde. Nach der Hochlegung gestaltete das Bezirksamt Reinickendorf die Trasse zu einem Wanderweg um. Wer den Bf Schulzendorf Richtung Osten verlässt, stößt direkt auf diesen Fussweg. Hier wird auf originelle Weise erinnert.

 

 

 

 Quellen und weitere Links

[1] Denkmalschutzliste Berlin. Download hier
[1a] Klaus Schlickeiser, Heiligensee - 700 Jahre Geschichte eines Reinickendorfer Ortsteils, http://www.fk-reinickendorf.de 2008
[2] Peter Bley, Die Kremmener Bahn, Verlag  B. Neddermeyer 2004 Seite 46
[3] Landesarchiv Berlin A Rep. 080 Nr. 1039
[4] Verkehrsgeschichtliche Blätter 02/2002 - Lückenschluß nach Hennigsdorf, Seite37
[5] Berliner Verkehrsblätter 08/00 - Kurzmeldungen Seite 155
[6] Berliner Verkehrsblätter 07/01 - Kurzmeldungen Seite 130
[7] Berliner Verkehrsblätter 11/01 - Kurzmeldungen Seite 210
[8] Berliner Verkehrsblätter 12/01 - Kurzmeldungen Seite 231
 
Zeitzeugenaussagen insbesondere von Frank Müller und anderen, die namentlich nicht genannt werden möchten

Der Bahnhof Schulzendorf auf www.stadtschnellbahn-berlin.de/